“Smart Farming”: Herausforderungen für Einkauf und Logistik
Digitalisierung und rasanter Technologiewandel prägen die moderne Landwirtschaft – und stellen sie vor ganz neue Herausforderungen. Daher hatte sich der AGRITECH Supplier Summit 2020 zum Ziel gesetzt, hierfür erfolgreiche Lösungsansätze aufzuzeigen und zu diskutieren. Rund 200 Teilnehmer kamen zu der vom Berlin Institute of Supply Chain Management und Gastgeber AGCO initiierten Veranstaltung nach Augsburg.
Werksführung bei Fendt
Bereits der Vortag des AGRITECH Supplier Summit bot ein absolutes Highlight: Eine Werksführung im Traktorenwerk von Fendt, Teil des globalen AGCO Konzerns: Bei Fendt in Marktoberdorf wurden 2019 19.000 Traktoren von mehr als 4.000 Mitarbeitern gebaut. In der Montage werden aktuell bis zu 100 Traktoren pro Tag produziert. Die Bandbreite ist dabei enorm und reicht von der kleinsten Baureihe 100 (70 PS) bis zur Baureihe 1000 (500 PS).
Aktuelle Herausforderungen der Landwirtschaft
Die Kernveranstaltung am nächsten Tag eröffnete Josip T. Tomasevic, Chief Procurement Officer des AGCO-Konzerns. Der Gastgeber umriss gleich in seiner Eröffnungsrede die großen Themen, denen sich die Landwirtschaftsbranche stellen muss: 10 Milliarden Menschen, die im Jahr 2050 durch die Landwirtschaft ernährt werden müssen, CO2-Emissionen und der damit einhergehenden Klimawandel, Preisdruck – sowie die zunehmende Nachfrage der Verbraucher nach ökologischem Anbau und nachhaltiger Ernährung. Dabei hob er die Bedeutung von Smart Farming mit vernetzten Komponenten und künstlicher Intelligenz, etwa beim autonomen Steuern landwirtschaftlicher Geräte, hervor.
Er stellte dabei den Bezug zu einer Automotive-Konferenz her, deren Trendthemen auch für die Landwirtschaftsbranche gelten:
- Dekarbonisierung für einen verbesserten, weil geringeren „Carbon Footprint„. Folglich gewinnen Elektroantriebe an Bedeutung
- Deglobalisierung versus Globalisierung im Kontext von Global zu Local Sourcing
- Risikomanagement vor allem in Bezug auf die weltweit vernetzten Supply Chains
- Kosten: Hier geht es um eine ganzheitliche Total Cost of Ownership (TCO) Betrachtung, denn Investitionen müssen sich auszahlen
Partnerschaften gewinnen an Bedeutung
Laut Dr. Philipp Schramm, EVP Purchasing & Supplier Quality bei Webasto, ist eine strukturelle Erneuerung nur mit dem richtigen Toolset (Digitalisierung, effiziente Prozesse und Standardisierung) und einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit möglich.
Wilhelm Rehm, Vorstandsmitglied der ZF Friedrichshafen AG, stellte ebenfalls heraus, dass Kooperationen essenziell für Erfolg und Time-to-Market sind. Eine entscheidende Rolle spielen dabei seiner Erfahrung nach Partnerschaften mit Unternehmen aus Kompetenzfeldern außerhalb der eigenen Kernbranche. Zudem erläuterte er den beeindruckenden Transformationsprozess, mit dem sich die ZF für die Herausforderungen der Zukunft wappnet – mit strategischen Partnerschaften, agilen Teams, einer zukunftssicheren Beschaffungsstrategie und dem Lieferantennetzwerk über SupplyOn.
Technologische Innovationen für die Landwirtschaft von morgen
Dr. Stefan Spindler, CEO der Industrial-Sparte von Schaeffler, präsentierte technologischen Innovationen für landwirtschaftliche Maschinen, wie etwa Hochleistungs-Wälzlager und -Schmiedetechnik. Daneben sind nachhaltige und autonom arbeitende Lösungen für Landwirtschaft für morgen zentral.
Dr. Markus Schwaderlapp, SVP R&D bei Deutz, sprach über die Notwendigkeit eines CO2-neutralen Antriebs in Zeiten des Klimawandels. Er stellte auch heraus, dass nachhaltige Treibstoffe zwar verfügbar sind, aber – getrieben durch unterschiedliche Anwendungsfälle – ein pluralistischer Mix an Antriebstechnologien aktuell als am zielführendsten erscheint.
Transparenz in der Lieferkette ist das A und O
In seinem Vortrag hob SupplyOn CEO Markus Quicken hervor, wie wichtig Transparenz in der n-Tier Lieferkette ist. Der SupplyOn-Ansatz „die gleiche Plattform auf allen Ebenen“ könne hier helfen, eben diese Transparenz herzustellen und Verbesserungen mit Hilfe von Analytics und KI einzuleiten.
Zwei Podiumsdiskussionen zur Strategie im Einkauf – „Global vs Local Supplier Sourcing“ am ersten Tag und „The Procurement of Innovations“ am zweiten Tag – rundeten die Veranstaltung ab:
Im der Podiumsdiskussion am ersten Tag ging es unter anderem um die richtige Commodity-Purchasing-Strategie, auf der Suche nach den richtigen “Best Cost Countries” auch unter Risikogesichtspunkten. Immer wieder drang durch, wie wichtig eine “Dual Sourcing”-Strategie ist, um nicht nur von einem einzigen Lieferanten abhängig zu sein.
In der Podiumsdiskussion am zweiten Tage wurde deutlich, dass neben Produktinnovationen auch Prozessinnovationen wesentlich zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb beitragen. Softwareentwicklung und Künstliche Intelligenz spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Es bestand Konsens, wie wichtig es ist, die Lieferanten bei der Transformation der Prozesse im eigenen Unternehmen mitzunehmen – und dass Vertrauen dabei ein Erfolgsfaktor ist.
Der Termin für die nächste AGRITECH Konferenz steht auch schon fest: am 3. und 4. März 2021, wieder in Augsburg.