Rückblick auf das Business Lunch “Globales Beschaffungsmanagement für direktes und indirektes Material”
Schweinelenden-Saltimbocca auf Tomatenragout und Kürbisspalten – das war natürlich nicht der Grund, warum sich ein kompetenter Kreis von Fachverantwortlichen aus den Bereichen Einkauf und Beschaffung am 25. November im Mercedes-Benz Center in München versammelt hat (wenngleich eine angenehme Begleiterscheinung). Beim Business Lunch „Globales Beschaffungsmanagement für direktes und indirektes Material“ stand die Frage im Fokus, wie trotz hohem Reifegrad hinsichtlich Prozess, Organisation und Tools, immer noch Einsparungen im Einkauf realisiert werden können. Es ging also um e-Procurement.
Während der Spielraum für Einsparungen im Einkauf von Produktionsmaterial über die letzten Jahre durch Optimierungen bereits weitgehend ausgeschöpft wurde, verbirgt sich im indirekten Einkauf noch enormes Potenzial – insbesondere, wenn bereits erprobte Lösungsansätze aus dem Einkauf für direktes Material auf die indirekte Beschaffung übertragen werden.
Wie Thomas Bickert herausgestellt hat, bleiben die Hebel für die Reduzierung der Beschaffungskosten dabei dieselben:
- Zum einen geht es im e-Procurement um die unternehmensweite Bündelung von Bedarfen und damit Optimierung der Verhandlungsposition z.B. über eine erhöhte Markttransparenz und globale Beschaffung mit dem Ziel, die Preise zu reduzieren.
- Zum anderen können durch die Automatisierung und Standardisierung der Prozesse in der Beschaffung sowie eine durchgängige Datenbasis für alle Beteiligten die Prozesskosten reduziert werden.
e-Procurement in der Praxis
Im Praxisbericht von Henriette Solomaier, Corporate Purchasing der Schaeffler Technologies AG & Co. KG, wurde deutlich, dass es bei Letzterem vor allem darum ging, die gewonnene Zeit für strategische Aktivitäten im Einkauf zu nutzen. So wurde das Projekt, eine globale Organisation für den strategischen Einkauf zu realisieren, bei Schaeffler von Beginn an als Maßnahme zur Qualitätsverbesserung betrachtet.
Drei große Herausforderungen an die eigene Einkaufsorganisation sowie an die Lieferanten hat Frau Solomaier hinsichtlich der Kooperation innerhalb und außerhalb des Unternehmens identifiziert:
- Die global verteilte, dezentrale Einkaufsorganisation stellt hohe Anforderungen an die Kommunikations- und Datenaustauschsysteme, um die virtuelle Zusammenarbeit in verschiedenen Zeitzonen, Regionen und Sprachen zu ermöglichen.
- Die Anforderungen an die Lieferanten sind gestiegen: Neben der Bereitschaft zur Transparenz, müssen Lieferanten ihre Kooperations- und Integrationsfähigkeit in die Systeme ihrer Kunden steigern.
- Das Prinzip des Local Sourcing bringt für Schaeffler einen erhöhten Selektionsaufwand mit sich, da gleiche Standards für alle Lieferanten weltweit gelten, trotz aller sprachlichen und kulturellen Barrieren.
Durch den Einsatz von SupplyOn Sourcing im e-Procurement sollte der neue Anfrage-/Angebotsprozess standardisiert, vereinfacht und automatisiert werden. Ziel war dabei unter anderem, die Vergleichbarkeit und Transparenz unter den Einkäufern durch einen global verfügbaren Standardprozess herzustellen. Im Anschluss an eine Pilotphase, die Frau Solomeier als essenziell für den Projekterfolg bezeichnete, wurde der evaluierte Prozess inklusive des Sourcing-Tools in insgesamt vier Rollout-Phasen in allen Schaeffler Einkaufsbereichen weltweit implementiert. Mit jedem weiteren Schaeffler Werk und jeder weiteren Region ist auch die Nutzung des Tools für die Erstellung von Anfragen kontinuierlich angestiegen: von rund 100 Anfragen im Jahr 2012, als das Projekt startete, auf heute über 3.200 Anfragen.
Erfolgsfaktoren im e-Procurement
Als Erfolgsfaktoren für die zügige Implementierung und breite Nutzung von SupplyOn Sourcing in der globalen Einkaufsorganisation konnte Frau Solomaier den Zuhörern folgende Punkte mitgeben:
- Zusammenarbeit zwischen Prozessteam, Systemteam, Lead Buyer und Projekteinkäufer bei der Ausgestaltung des Tools und der Implementierung
- Aufmerksamkeit und „Druck“ durch die Einkaufsleitung
- Limitierte, klar definierte Pilotphase als Stresstest und zum Beheben von Kinderkrankheiten
- Zügiger Rollout in andere Werke und Regionen unterstützt durch Prozess- und Toolschulungen
- Regelmäßige Einbindung aller Benutzer in die Weiterentwicklung des Tools
Das e-Procurement als Brücke zwischen Einkauf und Finanzwesen
Den Abschluss der Vortragenden machte Reto Wyss von der Firma Sievo mit seiner Ausführung, wie man vom vergangenheitsorientierten Spend Management zum e-Procurement Performance Management kommt, das auch vorausschauende Aussagen ermöglicht. Voraussetzung ist dabei auch, eine gemeinsame Sprache zwischen Einkauf und Finanzwesen zu finden: die Procurement Contribution to Financial Performance (PCF©). Dabei werden Ausgabensteigerungen von Währungseffekten und Einflüssen wie Marktentwicklungen etc. bereinigt, um die tatsächlich realisierten Einsparungen erst transparent zu machen. Ein Maßnahmen-Tracking unterstützt bei der proaktiven Umsetzung, damit geplante Einsparinitiativen auch zu realisierten Einsparungen werden. ( Mehr Details dazu finden Sie hier.)
Wie Werner Busenius zusammenfassend feststellte – und der Praxisbericht von Frau Solomaier anschaulich zeigte – sind die aktuellen Herausforderungen im Einkauf trotz Komplexität zu meistern: mit dem richtigen Tool, mit e-Procurement, mit der erforderlichen Konsequenz und dem nötigen Fingerspitzengefühl im Change Management, nicht nur gegenüber den internen Beteiligten sondern auch gegenüber den Lieferanten.