Christmas AGILE – Von Sprints und Backlogs (Teil 2)
Wie der Weihnachtsmann versucht, die gesamte Weihnachtsorganisation an agilen Prinzipien auszurichten, konnten Sie letzte Woche hier lesen. Nun folgt Teil 2 der etwas anderen Weihnachtsgeschichte:
Mittwoch, der 22. Oktober – noch 63 Tage bis Weihnachten
8:00
Unser erster Sprint beginnt. Juchhu. Backlog ist fertig. Alle Wünsche sind abgeschätzt.
8:15
Stand-up! Wir müssen wirklich stehen. Es soll nur eine viertel Stunde dauern. Jeder sagt, was er gestern getan hat und was er für den Tag geplant hat: „Task-Break down. Dann Aufsetzen der Magie-Wunsch-Umgebung….“ usw. Derjenige der reden darf, bekommt einen Regenbogen über den Kopf. Manchmal ist es schon lustig, wenn die Oberhexe, der Christmas-Master ist – und es dauert wirklich nur 15‘.
10:00
Die Jungs sind mitten im Task-Breakdown. Das heißt, sie versuchen die vorgestellten Wünsche in einzelne Aufgaben herunter zu brechen. Ich höre heftige Diskussionen von der anderen Seite unseres Team-Raumes. Ja, wir sitzen alle in einem großen Raum. Wahrscheinlich hat hier die Oberhexe mit ihrem Innenraum-Vergrößerungs-Zauber mal wieder zugeschlagen.
Ich versuche die Wünsche für den nächsten Sprint zu sortieren. Welche sind die wirklich wichtigen? Welche lassen sich schwieriger und welche lassen sich leichter umsetzen?
Plötzlich steht der Weihnachtsmann in der Tür und fragt uns, ob wir denn schon agil wären. „Yepp!“ ruft die Oberhexe ihm entgegen. Na ja, was soll sie auch sonst sagen. Wir machen einfach weiter und lassen uns nicht stören. Der Weihnachtsmann zieht wieder ab.
Dienstag der 28. Oktober – noch 57 Tage bis Weihnachten
15:00
Retrospektive! Natürlich hatte uns die Oberhexe in den Tagen vorher erklärt, wie das ablaufen soll. Jeder solle sich vorher überlegen, was gut und was schlecht gelaufen ist. Wir schreiben unsere Ideen auf rote – für schlecht – und grüne – für gut – Karten. Dann stellt jeder seine Ideen der Reihe nach vor. Wir können sie diskutieren und Maßnahmen ableiten – um die sich dann die Oberhexe kümmern darf.
Jeder von uns ist der Meinung, dass alles ziemlich gut gelaufen ist. Wir haben alle Wünsche implementiert die wir uns vorgenommen hatten und sie können pünktlich zu Weihnachten ausgeliefert werden.
Es hatte nur eine kleinere Meinungsverschiedenheit gegeben, als die Tester der Meinung waren, dass das gewünschte Einhorn nicht nur ein Bild sein darf. Aber da das Bild wirklich etwas Besonderes war, konnten sie sich mit dieser Lösung auch zurecht finden.
Allerdings sagte die Oberhexe, dass in den Akzeptanz-Kriterien der Wünsche die Ausführung des Wunsches genau beschrieben sein muss. Und natürlich sieht sie mich dabei an. Ich werde also alle Wünsche nochmal durchgehen und sehen, ob wirklich alles unmissverständlich erläutert ist.
Mittwoch der 29. Oktober – noch 56 Tage bis Weihnachten
19:00
Scheinbar haben wir uns an das Vorgehen gewöhnt. Ich konnte heute pünktlich nach Hause gehen und auch der Fliegende Teppich war pünktlich.
Unser zweiter Sprint ist gestartet. Ich habe wieder die Wünsche vorgestellt, die zu implementieren sind. Es gab natürlich jede Menge Diskussionen, wie wir sie umsetzen können. Aber eigentlich wurden wir uns immer schnell einig und auch Plix hält sich mit seinen nur für ihn witzigen Kommentaren zurück. Selbst die Oberhexe schaute zufrieden drein.
Freitag, der 31. Oktober – noch 54 Tage bis Weihnachten
10:30
Heute früh haben die Konstrukteure den ersten Wunsch abgeschlossen und an die Tester übergeben. Er sieht wirklich gut aus – mitten im Winter einen Regenbogen hinzubekommen, ist wirklich nicht einfach. Ich hoffe nur, dass die Tester nicht wieder irgendetwas auszusetzen haben.
Plötzlich steht der Weihnachtsmann in der Tür – er trägt nicht seine Uniform. Er sieht aus wie ein gewöhnlicher, leicht übergewichtiger Manager mittleren Alters. Er lächelt uns alle an und ich denke, er ist wieder auf seiner üblichen Gruß- und Grins-Runde. „Stand up“, ruft er in unseren Raum in einer Art und Weise, dass alle zusammen zucken. Natürlich hatten wir unser tägliches Standup schon am Morgen durchgeführt – sonst hätte ich ja nicht gewusst, dass der Regenbogen schon fertig ist. Aber wenn der Weihnachtsmann ruft, springen seine braven Elfen.
Also stellen wir uns in der Mitte des Raumes auf und warten auf die Ergüsse des Weihnachtsmanns. „Wir sind gut im Plan und werden dieses Jahr Weihnachten ALLE Wünsche erfüllen. Wir haben sogar noch freie Kapazitäten – wie ich Eurer Sprintplanung entnehmen kann.“
Alle schauen mich vorwurfsvoll an. Natürlich müssen haben wir noch einen Puffer. Es ist ja erst Ende Oktober. Die Wünsche für dieses Jahr werden erfahrungsgemäß erst noch kommen. Auf dieser Basis hatte ich in die Sprints ab Mitte November nicht vollständig verplant. „Wir müssen mit weit….“ Weiter komme ich nicht, denn der Weihnachtsmann unterbricht mich hart:
„Wir müssen den asiatischen Markt erobern. Weihnachten ist ein weltweites Phänomen und wir müssen es auch nach China, Indien und vor allem Japan tragen! Unsere Reputation steht auf dem Spiel. Wir müssen der Welt beweisen, dass es uns gibt – dass es den Weihnachtsmann gibt!“
Hä? Weihnachten im asiatischen Markt? Auf welcher Manager-Schulung war denn der Weihnachtsmann in den letzten Tagen? Ich schaue auf meine Kollegen. Wahrscheinlich sehe ich selbst noch hilfloser aus als sie und sie wirken schon wie ein Kaninchen in einem überfluteten Tunnel.
Aber das war noch nicht alles! Der Weihnachtsmann wirft 5 große Ordner auf meinen Schreibtisch. Woher er die geholt hat, ist mir ein Rätsel – aber Luftzauber sind bekanntlich sehr einfach. „Ich habe Euren Gift Owner die Wünsche der Asiatischen Kollegen auf den Tisch gelegt.“ Gelegt ist gut – ha. „Diese Wünsche werdet Ihr in den nächsten zwei Wochen implementieren. Wir werden Ganesha, Lakshmi, Tkakloti oder wie sie auch immer heißen mögen, schon noch zeigen, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt! Von wegen ich wäre eine Erfindung von Coca Cola! Ha! Mich gab es schon, als die Europäer noch nicht mal wussten, dass es Amerika gibt!“
10:55
Nach diesem unglaublichen Ausbruch verlassen die Oberhexe und der Weihnachtsmann unser Büro. Wir folgen ihnen in einigen Abstand. Sie schließen sich im Büro des Weihnachtsmanns ein. Allerdings hat es eine Glastür. So können wir zwar nicht genau hören, was da vor sich geht, aber wir können es sehen!
Der Weihnachtsmann hatte seine Rute ausgepackt – obwohl sie ja eigentlich Knecht Ruprecht gehört. Aber diesmal nimmt er sie selbst in die Hand. Die Oberhexe schaut als ob… Ja sie tut es – der Weihnachtsmann hat eine Gewitterwolke über dem Kopf und kleine Blitze schlagen in seine Ohren ein.
Wir ziehen uns vorsichtig zurück. Zwischen diese Fronten wollen wir nun wirklich nicht geraten. Wie das noch enden soll, wissen wir wirklich nicht.
Wie es mit “Christmas AGILE” weitergeht, erfahren Sie hier im dritten Teil.