Design Thinking: Auf der Suche nach dem Wow-Faktor
„Womit lösen wir Begeisterung bei unseren Kunden aus?“, will Sabine Moudilou, Manager Supplier Quality bei SupplyOn, mit Blick auf eine neue Lösung für Audit Management wissen. Es geht ihr um mehr als eine bestmögliche Erfüllung von Kundenwünschen. Um mehr als die möglichst breite Abdeckung von Marktanforderungen in einer neuen Lösung. Es geht ihr um den Wow-Faktor. Etwas, woran Nutzer und Nutzerinnen vielleicht selbst noch nicht einmal gedacht haben – aber das ihnen ihren Arbeitsalltag auf einen Schlag spürbar verbessert.
Um das herauszufinden hat Sabine einen Design-Thinking-Workshop einberufen. Diese Kreativmethode eignet sich besonders gut, um innovative, kundenzentrierte Lösungen für komplexe Herausforderungen oder nicht fest definierte Themenbereiche zu finden. Bei SupplyOn kommt Design Thinking als Bestandteil der agilen SAFe-Arbeitsweise schon seit geraumer Zeit zum Einsatz.
Alle Stakeholder und Nutzergruppen einbeziehen
Mit dem Design-Thinking-Ansatz gelingt es, „aus dem typischen Arbeitsalltag herauszutreten und einen Schritt zurückzugehen“, erläutert Oliver Herzog, der bei SupplyOn für Produktmanagement und -entwicklung verantwortlich ist und bereits mehrere dieser Workshops geleitet hat. Wichtig ist es, alle möglichen Stakeholder in dem Workshop einzubeziehen oder deren Sichtweisen und Erwartungshaltungen zu berücksichtigen, betont er.
Das bezieht sich einerseits auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden. Diese kommen beim Beispiel Audit Management aus dem Sales-, Consulting- und dem UX-Bereich, haben einen strategischen Management-Blick, verfügen über fachliche Expertise oder weitreichende Kundenerfahrungen. Durch diese breite Mischung gelingt es, die unterschiedlichsten Perspektiven bei der Lösungserarbeitung zusammenzubringen.
Genauso wichtig ist es, die verschiedenen Nutzerrollen der zukünftigen Lösung abzubilden. Und diese sind sehr vielschichtig: Sie umfassen in unserem Fall all diejenigen von der strategischen bis zur operativen Ebene sowohl auf Kunden- wie auch auf Lieferantenseite, die mit dem Thema in Berührung kommen. Ein anderer Ansatz wäre, bereits auf definierte Personas zurückzugreifen oder die unterschiedlichen Beteiligten in einem klassischen Buying Center zu berücksichtigen.
Diamant-Modell: Von breit zu eng
Stehen alle Rollen fest, gilt es dann, sich auf die Wesentlichsten zu konzentrieren. Damit kommt ein wesentliches Prinzip des Design Thinking zum Tragen, wie Oliver erklärt. Dieses besteht aus zwei Diamanten, bei denen zunächst „der Schirm möglichst weit aufgespannt wird, um danach wieder zu verdichten.“
Fokus aufs Problem, um zur Lösung zu gelangen
Auf Basis der festgelegten Nutzerrollen werden im nächsten Schritt, deren Anforderungen, Interessen und Herausforderungen ausgearbeitet. „Denn“, so erläutert Oliver, „beim Design Thinking liegt der Fokus zunächst nur auf dem Problem. Daraus entwickelt sich dann die Lösung.“
Design Thinking fungiert also – anders als etwa das klassische Requirements Engineering – zunächst einmal völlig losgelöst von einem möglicherweise bereits bestehendem Lösungsansatz. Genau diese Ergebnisoffenheit führt zu wirklich kreativen Ideen und neuartigen Lösungen.
Um zu eben diesen innovativen Lösungen zu gelangen, werden zunächst mittels Brainstorming in kleineren Gruppen möglichst viele Ideen für die Lösung der angesprochenen Probleme gesucht. Diese werden dann innerhalb der Kleingruppe strukturiert und anschließend allen Teilnehmenden des Workshops präsentiert.
Essenzieller Bestandteil der Methode, erläutert Florian Rotter, Portfolio Manager und zugleich interner Facilitator der Design-Thinking Methode im SRM-Bereich bei SupplyOn, ist es, „sich gegenseitig zu reflektieren und Feedback zu geben.“
Die Sicht der User
Und tatsächlich ist dies einer der spannendsten Momente im Workshop, der für die größten Aha-Effekte sorgt: Die Teilnehmenden setzen sich sprichwörtlich einen jeweils anderen Hut auf, schlüpfen damit in eine zuvor festgelegte Nutzerrolle und bewerten die vorgestellte Lösungsidee kritisch aus dieser Perspektive. Die Bandbreite der Urteile und Kommentare kann dabei durchaus je nach jeweiliger Nutzerrolle von „Das interessiert mich eigentlich gar nicht“ bis zu „Wow, das finde ich richtig cool“ reichen.
Im Anschluss kommt auch hier wieder die angesprochene Diamant-Vorgehensweise (erst breit, dann eng) zum Einsatz: Die vielen Ideen werden priorisiert, um dann in einer zweiten Runde die Vielversprechendsten unter ihnen weiter zu konkretisieren. Hier zeigt sich bereits, wie wertvoll die erste Bewertungsrunde war. Denn die unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Nutzerrollen und ihre möglichen Bedenken helfen erheblich dabei, die Lösungsideen weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Wow-Faktor gefunden
Der Lego-Koffer, mit dem die einzelnen Gruppen ihre ausgearbeiteten Ideen modellieren können, bleibt dieses Mal aus Zeitgründen eingepackt. Aber auch das zeigt ein wesentliches Element eines Design-Thinking-Workshops: „Es ist wichtig, immer flexibel zu bleiben und auf die Situation zu reagieren“, sagt Florian. „Denn jeder Workshop ist anders.“
Die Vorteile dieser Methode liegen für ihn auf der Hand: In einem überschaubaren Zeitraum lassen sich innovative Ergebnisse erzielen, die sich in absehbarer Zeit auch umsetzen lassen. Und tatsächlich: Sabine hat mit ihrem Design-Thinking-Workshop gleich zwei Excitement-Features gefunden. In einer ersten Vorstellung und Umfrage auf dem Supplier Community Day fanden diese bereits großen Anklang. Die Lieferanten sehen darin einen tatsächlichen Mehrwert. Jetzt geht darum, die Produktidee in ausführlichen User-Interviews zu validieren. Dann ist ein Minimum Viable Product (MVP) geplant, das anschließend intensiv mit End-Usern verprobt und auf Basis ihres Feedbacks weiter verfeinert wird.