Construction Equipment Forum zeigt Wege zur Digitalisierung in der Baumaschinenindustrie
Das Construction Equipment Forum – die erste Veranstaltung ihrer Art.
Zum allerersten Mal öffnete das Construction Equipement Forum des IPM Institutes am 09.10.2018 seine Tore – und bestimmt 200 Teilnehmer aus unterschiedlichen Disziplinen kamen: Bauunternehmen, Baumaschinen OEMs, Zulieferern, Vertreter der Wissenschaft und Dienstleister. Professor Walther vom IPM eröffnete die Veranstaltung mit einem Impulsvortrag zum Thema „Antrieb der Zukunft“, mit den Aspekten alternative Antriebe, Automatisierung, Digitalisierung und Wettbewerb. Er machte deutlich, dass auch in der Baumaschinebranche digitale Kompetenzen aufgebaut werden müssen.
Angesichts der Fülle der stattgefundenen Vorträge und Diskussionen finden Sie hier eine subjektive Auswahl der für den Blogautor markantesten Vorträge und Workshops:
Herstellerübergreifende Standards für Maschinen- und Prozessdaten fehlen noch
Herr Lüddemann, kaufmännischer Leiter bei Leonard Weiss und Vorsitzender des Geräteausschusses vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, referierte in einem packenden Vortrag über Moderne Baumaschinen 4.0, und forderte herstellerübergreifende Standardisierung. Das Thema „fehlende Standardisierung bei technischen und IT-Schnittstellen“ illustrierte er anschaulich am Beispiel von Datenformaten, Protokollen zum Informationsaustausch und Taktraten und der ISO-15143-3. Der Mangel an Standards zog sich wie ein roter Faden auch in den anderen Vorträgen durch die Veranstaltung. Der Wunsch nach einer einheitlichen Daten Cloud drang durch, wo herstellerübergreifend über eine definierte Schnittstelle Daten ausgetauscht werden. Beispiele sind die Kommunikation zwischen Anbau- und Trägergerät. Dabei spielten auch die ISO 15143-3 sowie Themen wie die Produktverfolgungspflicht eine Rolle.
Digitalisierung erfordert Kooperation
Herr Martin Lehner, CEO bei Wacker Neuson und Gründungsmitglied der Veranstaltung, stellte seine Vision einer elektrifizierten, automatisierten, digitalen und wettbewerbungsfähigen Baumaschinenindustrie vor. Er unterstrich dabei die Bedeutung emissionsfreier Antrieben und der Kooperationen zur Digitalisierung, um die Unternehmenszukunft nachhaltig abzusichern. Vor allem aber gehe es um zufriedene Kunden, so dass zum Beispiel Technologien wie Elektroantrieb nicht nur Emissionsfreiheit im Betrieb, sondern auch keine Einbußen an abrufbarer Leistung für einen ganzen Baustellentag bedeuten.
Workshops zu den heißen Themen für die Zukunftssicherung der Branche
In parallel stattfindenden Workshops ging es um Schwerpunktthemen wie alternative Antriebe, Automatisierung, Digitalisierung und Additive Fertigung (3D Druck). Gleichzeitig fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wettbewerb“ statt.
Der Autor dieses Blogs wirkte als Experte für industrieübergreifendes Voneinander-Lernen und Supply Chain Collaboration am Workshop „Digitalisierung“ mit.
Hier wurden fünf Thesen sequenztiell von jeweils zwei Gruppen mit Pro-/Contra-Argumenten bearbeitet. Im Mittelpunkt standen hier Themen wie wertvolle Prozessdaten, Schulungsbedarf für digital unterstützte Reparaturprozesse, Dateneigentum, fehlende Standards in der Branche sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Kontext der Digitalisierung. Dabei wurde deutlich, dass – anders als in anderen Branchen – die Baumaschinenindustrie sehr fragmentiert ist und nicht zuletzt deswegen Standards fehlen.
Die vernetzte Baumaschine braucht einheitliche Schnittstellen
Am zweiten Tag war ein Highlight definitv der Vortrag von Herrn Zenz, Geschäftsführer der PORR Equipment Services: Er setzte sich aus Sicht des Fuhrpark- und Baustellenmanagements mit den Anforderungen eines Abnehmers an die vernetzte Baumaschine auseinander. Er forderte einheitliche Schnittstellen. Die vielen herstellerabhängigen Lösungen machen eine sinnvolle Nutzung, etwa zur Ermittlung einheitlicher Kennzahlen (Betriebsstunden etc.), unmöglich. Die teure Folge: Er war gezwungen, mit einem externen Partner gemeinsam eine Eigenentwicklung zu implementieren.
BIM als Zugpferd der Digitalisierung
Herr Dahldorf, Geschäftsführer der Fa. SITECH, stellte Einsichten in das BIM Model (Building Information Modelling) als Zugpferd der Digitalisierung dar. Neben 3D-Informationen werden dabei auch zeitliche Abhängigkeiten und Kosteninformationen miteinander verknüpft für eine qualitativ hochwertige, im erwarteten Kostenrahmen bleibende und pünktliche Baufertigstellung.Ein Baustein ist hierbei die digitale Maschinensteuerung, indem „der Bauplan auf die Maschine gebracht“ und Informationen beispielsweise auch mittels Maschinensteuerungssoftware vernetzt werden.
Community für standardisierte Technologien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit notwendig
Als Moderator einer Podiumsdiskussion und der Masterclass „Digitalisierung hinterfragte Herr Professor Tsipoulanidis von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, ob es in der Baumaschinenindustrie eine Community gibt, die sich mit Standardisierung beschäftigt und in absehbarer Zeit Lösungen anbieten wird. Dies wurde von den Experten als Notwendigkeit erachtet, aber noch nicht als offiziell verankert gesehen. Provokativ fragte er, ob der Ingenieur nicht auch einen „Digital Twin“ bräuchte. Auch dies wurde bejaht, um in der Kollaboration Wettbewerbsvorteile generieren zu können. Für BIM wurde es als essentiell erachtet, dass „jede Baumaschine melden kann, wo sie gerade ist und was sie gerade macht.“
Standardisierung von Daten, Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kunden und Lieferanten und Offenheit für Veränderung wurden als zentrale Handlungsfelder von den Experten genannt. Auch das Thema „Eigentum an den Daten“ und Ansätze wie „Pay per Use“ wurden kritisch beleuchtet.
In der Digitalisierungs-Masterclass betonte Herrn Rohnfelder, Leiter I4.0 bei Fujitsu Technology Solutions, dass in den nächsten 4-6 Jahren entschieden wird, wer bezüglich der weiteren Digitalisierung zu den Gewinnern und Verlierern gehört. Er unterschied dabei zwischen Fast IT (z.B. cloudbasierte IoT-Applikationen) und Legacy IT (Altsysteme). Am Beispiel einer Umfrage machte er deutlich, dass in den befragten Unternehmen oftmals eine digitale Roadmap fehlt und kleinere Unternehmen teilweise noch Insellösungen bevorzugen. Ebenso kritisch: Die Bereitschaft, Neues zu wagen und auch mal Rückschläge wegzustecken („Fail Fast“). Einigkeit bestand darin, dass die digitale Transformation alle Unternehmen der Branche betrifft, Kollaboration zwischen Partnern wichtig ist und es ohne Change Management nicht geht.
Dr. Johannes Rüger, President Commercial Vehicles & Offroad bei Robert Bosch, referierte über Chancen der Digitalisierung sowie über Datensicherheit, FOTA (Firmware over the Air), prädiktive Diagnose und Tracking Solutions. Er betonte die Bedeutung offener Plattformen, eines fairen Umgangs bei der Datennutzung und der Standardisierung als Voraussetzung für die sinnvolle Nutzung von Daten. Im Panel wurden heiße Trendthemen, etwa die Abrechnung von Leistungen auf Blockchain-Basis (wie MIOTA), diskutiert. Auch wenn es für eine abschließende Bewertung solcher Trendthemen zu früh ist.
Ein Anfang ist gemacht. Aber entscheidend ist der Aufbau digitaler Kompetenzen.
Fazit: Ein Anfang ist gemacht, um auf Basis des Lean-Gedankens Geschäftsprozesse zu verbessern. Und um getrieben vom Nutzen für den Kunden digitale Kompetenzen mit den richtigen Daten und kompatiblen Technologien aufzubauen. Allerdings ist dieser Weg noch lang: In zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der Deutschen Bauindustrie wurde deutlich, dass enormer Nachholbedarf beim Aufbau digitaler Kompetenzen trotz Ressourcenknappheit besteht. Und dass dafür ein Zusammenwirken verschiedener Partner – wie Verbände, OEMs, Zulieferer, Telematik- und Sensor-Lösungsanbieter und geeigneter Kollaborationsnetzwerke – erforderlich ist. SupplyOn möchte hier im Verbund mit interdisziplinären Partnern einen Beitrag leisten, um seine langjährigen Erfahrung in erfolgreicher Supply Chain Collaboration aus Branchen wie Automotive, Aerospace, Manufacturing auch in der Baumaschinenbranche mit all ihren Spezifika einzubringen.