Eine Welt in Bewegung: der 32. Deutsche Logistikkongress des BVL in Berlin blickt über den Tellerrand hinaus.
Von 28. Bis 30. Oktober fand in diesem Jahr wieder der Deutsche Logistikkongress statt. Unter dem Motto „Die Welt in Bewegung“ bewiesen die Organisatoren ein feines Gespür für die wirtschaftliche, aber auch die gesamtpolitische Lage: waren zum Zeitpunkt der Festlegung dieses Kongressmottos einige Entwicklungen wie die der Flüchtlingsthematik oder auch die außergewöhnlichen Entwicklungen bei einem der größten Automobilhersteller weltweit überhaupt nicht absehbar.
Ein außergewöhnlicher Kongress in einer außergewöhnlichen Zeit
Mit Top-Referenten wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble oder dem ehemaligen U.S.-Botschafter John C. Kornblum sowie Wolfgang Bernhard, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Dr. Stefan Asenkerschbaumer, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH wurde diesem Motto sowie der Aktualität dieses Mottos in Politik und Wirtschaft eindrucksvoll Rechnung getragen: Die Beiträge waren durchwegs hochkarätig.
Die Vertreter aus dem politischen Lager ordneten die aktuelle Situation ein, zeigten Handlungswege auf und vermieden es auf angenehme Weise, der Gesamtsituation etwas Dramatisches abzugewinnen. Auch die Vertreter aus der Wirtschaft suchten zwar Positionen, die Forderungen gegenüber der Politik klar formulierten, es herrschte aber durchweg eine Atmosphäre der Geschlossenheit und nicht der Konfrontation.
Neben dem Deutschen Logistikpreis, der traditionell an ein Unternehmen vergeben wird, welches ein innovatives und beispielgebendes Logistikkonzept umgesetzt hat – in diesem Jahr die Fa. Engelbert Strauss, unterstützt von BLG Logistics – wurden Sonderpreise an das Rote Kreuz, das THW und die Deutsche Bundeswehr verliehen. So wurden die außergewöhnlichen Leistungen dieser Organisationen bei der aktuellen Bewältigung der Flüchtlingsströme aus Syrien und Afghanistan gewürdigt und es zeigt, dass der BVL neben seiner Aufgabe als Interessenvertretung der Logistikbranche auch seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden möchte. Das ist ihm gelungen.
Themen wie „Internet of Things“, „Industrie 4.0“ oder „Big Data“ sind die Treiber der Branche. Aber das ist nichts Neues
Lässt man die Vorträge vor dem großen Plenum sowie jene aus den Fachsequenzen Revue passieren, ergibt sich folgendes Bild: Es gibt kein nennenswert neues Thema, welches die Branche technologisch oder prozessual umtreibt. Vielmehr sind die Themen wie „Internet of Things“, „Industrie 4.0“ oder „Big Data“ nach wie vor die Treiber der Branche.
Allerdings kommen diese aus dem „Hype“-Status heraus und langsam in der Realität an, was in einigen Vorträgen klar zum Ausdruck kam: Dr. Asenkerschbaumer von Bosch etwa zeigte anhand einer App auf, wie bei einem Umweltereignis blitzschnell aufgezeigt werden kann, welches die betroffenen Lieferanten sind und welche der unternehmenseigenen Werke von diesen beliefert werden. Auf Basis von existierenden Prozessdaten, die über die Automotive-Branchenlösung SupplyOn gesammelt und konsolidiert werden, bedeutet dies für Bosch für das unternehmensinterne Risk Management große Mehrwerte für die Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit gegenüber der Kunden, ebenso wie der Minimierung von Sicherheitsbeständen.
Dass jedoch ohne diese durchgängige Datenbasis Themen wie das „Internet of Things“ nicht funktionieren, führte Jürgen Braunstetter von Continental Automotive aus: „Erstens besser verhandeln, zweitens cleverer transportieren und drittens Transporte vermeiden“ – so fasste er in seinem Vortrag „Erweiterung einer globalen Lieferantenplattform um ein voll integriertes Transportmanagement“ die drei wesentlichen Ansätze zur Transportkostensenkung zusammen.
Um cleverer transportieren zu können, hält er die Integration möglichst vieler Lieferanten – Continental hat mehr als 1.000 Lieferanten über SupplyOn angebunden – sowie eine konsequente Rückmeldung der ASN (Advance Shiping Notification) für extrem wichtig um die Durchgängigkeit der Datenbasis zu gewährleisten.
Zukünftig wird darüber hinaus das Thema Eventmanagement – also die Integration aller in der Prozesskette involvierten Player – aus seiner Sicht eine immer größere Bedeutung bekommen: Nicht nur die Information zu haben, wo sich der LKW gerade befindet, der wichtige Teile anliefern soll, sondern sofort informiert zu werden, wenn irgendetwas nicht so läuft wie geplant. Langfristig verfolgt er das Ziel, anhand von dynamischen Bewegungsdaten die realen Lieferströme zu erkennen und auf deren Basis weitere Optimierungen durchzuführen.
Der BVL-Kongress ist ein Pflichttermin. Und bleibt es
Gespannt darf man auf den Kongress im kommenden Jahr sein, denn die Professoren Klinkner und Wimmer haben die Latte noch einmal eine Stufe höher gelegt. Es bleibt abzuwarten, wie sie mit ihrem Team die Aufgabe meistern, wieder einen spannenden Kongress mit interessanten Themen und eindrucksvollen Referenten auf die Beine stellen. Dass dies gelingt, daran kann man nach den Erfahrungen der Vergangenheit nur wenige Zweifel haben.