Bereit zum Abheben? Herausforderungen in der Aerospace Supply Chain
Die Aerospace-Industrie ist so international wie kaum eine andere Branche. Von der einzelnen Steckverbindung bis zum fertigen Flugzeug umspannen die Lieferketten häufig den gesamten Globus. In Zeiten immer engerer Zusammenarbeit und eng getakteter Lieferfristen müsste der Digitalisierungsgrad eigentlich hoch sein. Eigentlich.
Unsere kürzlich veröffentlichte Studie zeichnet da ein etwas anderes Bild. Zumindest auf Zuliefererseite. Denn dort arbeitet nahezu jedes dritte Unternehmen noch komplett „offline“: E-Mail, Fax und Telefon sind immer noch weitverbreitete Mittel der Zusammenarbeit. Weitere 41 Prozent haben immerhin die Zusammenarbeit mit ihren Kunden digitalisiert. Allerdings kann (und sollte) auch das nur eine Zwischenstation sein: Denn wer auf dem einen Auge blind ist, kommt immer wieder in Probleme. So hat die Vergangenheit immer wieder eindrücklich gezeigt, wie schnell eine Lieferverzögerung weiter vorn in der Lieferkette alle weiteren Stufen durcheinanderwirbeln kann – selbst wenn es sich dabei „nur“ um die Toilettentür handelt…
Am Willen der Zulieferer scheitert es zumindest nicht: Die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen wünscht sich eine stärkere kundenseitige Integration und erkennt auch die Vorteile einer engeren Zusammenarbeit mit ihren Zuliefern.
Aber vielleicht auch weil es bis dahin mancherorts noch ein weiter(er) Weg ist, sieht sich über ein Fünftel der Unternehmen für die aktuellen Herausforderungen nicht gut gerüstet. Und mehr als jedes dritte Unternehmen bejaht dies mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Spannend ist der Blick auf den Digitalisierungsgrad der einzelnen Supply-Chain-Prozesse. Auch hier setzt sich das Bild fort: Die Digitalisierung der Outbound Supply Chain zum Kunden ist deutlich weiter fortgeschritten als zu den Zulieferern. Den größten Digitalisierungsgrad inbound wie outbound weisen dabei – wenig überraschend – der Bestell- und Rechnungsprozess auf.
Und es zeigt sich: Je komplexer die Prozesse (On-Time Delivery, Maßnahmenverfolgung, Concession), desto geringer der Digitalisierungsgrad. Dabei würden gerade diese hochkollaborativen Prozesse von der Digitalisierung profitieren.
So begrüßenswert jeder noch so kleine Schritt in Richtung Digitalisierung ist: Das volle Potenzial können Unternehmen erst ausschöpfen, wenn sie alle Prozesse nahtlos in einem gemeinsamen Tool mit ihren Kunden und Zulieferern nutzen.
Doch woran scheitert es (noch)?
Als Voraussetzungen für eine stärkere Digitalisierung nannten die befragten Unternehmen vor allem einen hohen Datenschutz, tragbare Investitionen und laufende Kosten, gleichwertige Transparenz und Analysemöglichkeiten sowie die Tatsache, dass alle Beteiligten ein und dieselbe Lösung nutzen.
Als die drei Haupthindernisse kristallisierten sich fehlende vorkonfigurierte Schnittstellen, fehlende Prozessstandards und fehlende Standards heraus.
Hier sind also zunächst die Verbände gefordert, um die Definition von branchenweit gültigen Standards zu unterstützen. Im zweiten Schritt ist dann die Industrie – allen voran die OEMs und Tier1-Unternehmen – an der Reihe, diese zu implementieren und zu nutzen. Je mehr es dabei gelingt, die kleineren Zulieferer mit ins Boot zu holen, desto besser für alle. Denn damit erhöht sich die Visibility und Reaktionsfähigkeit der Lieferkette als Ganzes. Damit eine fehlende Toilettentür keine böse Überraschung mehr ist.
Studie ‚Komplexe Aerospace-Supply-Chain-Netzwerke erfolgreich steuern‘ anfordern