Der Faktor Mensch als Qualitätsherausforderung in der Luftfahrt – wie Prozesse und Tools Abhilfe schaffen können
Die „Quality 2015“ des Management Circle in Düsseldorf (10.-11. März 2015) war ein einzigartiges Erlebnis: Die rund 100 Teilnehmer hatten gut investiert und wurden mit wertvollen Erkenntnissen belohnt: Qualitätsexperten aus der Forschung und verschiedenen Branchen boten aus erster Hand Einblicke in die Qualitätsherausforderungen und -lösungen innerhalb ihrer Unternehmen und darüber hinaus.
Unter den Experten waren auch drei Vertreter der Luftfahrtbranche:
Ralf Dietrich, Leiter der Qualitätssicherung bei Premium Aerotec Varel, gab Einblicke in das prozessorientierte Qualitätsmanagement in der Premium AEROTEC Group
Das Premium AEROTEC SQKTP KPI-System (Sicherheit – Qualität – Kosten – Termine – Personal) ermöglicht die Erstellung täglicher Berichte, die zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess beitragen. Hr. Dietrich erklärte z. B., dass Qualität und OTD (On-Time-Delivery, pünktliche Lieferung) untrennbar zusammengehören. Methoden wie eine Prozessplanung für das Prozessqualitätsmanagement und die richtigen Tools (z. B. für KPI-Berichte oder 8D-Management) können dabei helfen.
Ein Beispiel für die eingesetzten Tools: Für eine effiziente Zusammenarbeit zwischen einkaufenden und verkaufenden Unternehmen nutzt Premium AEROTEC bereits die Kollaborationsplattform „AirSupply“ sowohl in ihrer Rolle als Airbus-Lieferant als auch als Kunde gegenüber eigenen Lieferanten.
Hintergrund: Premium AEROTEC ist eines der weltweit führenden Unternehmen in der Entwicklung und Fertigung von Strukturen und Produktionssystemen für den kommerziellen und militärischen Flugzeugbau. In seinen Werken in Augsburg, Bremen, Nordenham, Varel und Braşov (Rumänien) fertigt der führende europäische Luftfahrt-Zulieferer modernste Flugzeugstrukturen aus Aluminium, Titan und Kohlefaserverbundwerkstoffen (CFC) für die gesamte Airbus-Flotte. Premium AEROTEC ist zudem maßgeblich an der Entwicklung und Fertigung des A350 XWB beteiligt. Ferner liefert das Unternehmen wichtige Komponenten für den Boeing 787 Dreamliner, den Eurofighter und den A400M.
Michael Langer, Pilot bei der Lufthansa, erläuterte die Gefahren hierarchischer bzw. fehlender Kommunikation und die Bedeutung antrainierter, allgegenwärtiger Checklisten/Standardverfahren
Der Airbus A380-Pilot Michael Langer zeigte Situationen, in den Piloten und Copiloten nur wenige Minuten oder gar Sekunden haben, um kritische Entscheidungen zu fällen. Er berichtete aus eigener Erfahrung und den Erfahrungen anderer, welche Fehler passieren können, wenn nicht nur die Technik, sondern auch die menschliche Kommunikation versagt. Ein Beispiel herfür ist ein Copilot mit niedrigerem Dienstgrad, der den höherrangigen Chefpiloten nicht beleidigen wollte, obwohl dieser einen Fehler gemacht hatte.
Hr. Langer erläuterte als Lösung zu diesem Problem die äußerst nützlichen Lufthansa-Checklisten/Standardverfahren für kritische Situationen. Diese werden unter dem Begriff FORDEC (Facts – Options – Risks – Decision – Execution – Control) zusammengefasst und lassen sich auf viele unterschiedliche Szenarien anwenden, in denen sie es ermöglichen, auch in Extremfällen die Kontrolle zu behalten. Neben den dramatischen Beispielen für mögliche Fehler, zeigte Hr. Langer auch, wie diese Methoden Flugzeuge zum sichersten Verkehrsmittel machen.
Dr. Axel-Gerd Weber, Leiter Quality Engineering & Space, erläuterte den Zuhörern in seiner Rede das Risikomanagement bei Airbus Defence & Space
Dr. Weber veranschaulichte die Fehleinschätzung von Risikowahrscheinlichkeiten, wenn in der Vergangenheit noch keine vergleichbare kritische Situation aufgetreten ist.
In diesen Situationen ist es wichtig zu verstehen, wie professionelles Risiko- und Opportunity-Management funktioniert: auf jeder organisatorischen Ebene gibt es individuelle Zuständigkeiten, da jedes Mitglied einer Organisation letztlich betroffen ist. Wichtig sind also ein Bewusstsein für Risikomanagement, Methoden und Tools, die Anerkennung persönlicher Verantwortung und eine durchgehende Risikoeinschätzung von unten nach oben, basierend auf möglichen Schäden und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens.
Hintergrund: Airbus Defence and Space ist Europas führendes Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtunternehmen. Mit einem Umsatz von rund 13 Mrd. Euro pro Jahr rangiert das Unternehmen weltweit auf Platz zwei im Bereich Raumfahrt und zählt zu den führenden zehn Verteidigungsunternehmen. Bestehend aus den vier Sparten Militärflugzeuge, Raumfahrttechnik, Kommunikation, Aufklärung und Sicherheit sowie Elektronik vereint Airbus Defence and Space ein breites Portfolio unter einem Dach, um den komplexen Anforderungen seiner Kunden weiterhin gerecht zu werden, die staatliche Verteidigung und Sicherheit zu unterstützen und Europas Souveränität und seinen unabhängigen Zugang zu Lufträumen und Weltall zu sichern.