Software-as-a-Service (Saas) vs. ASP: Wo liegen die Unterschiede und warum ist echtes SaaS im Supply Chain Management vorteilhaft?
Auch im Supply Chain Management spielen neue Software-Konzepte wie Software-as-a-Service und ASP eine große Rolle. Dies liegt an zahlreichen Vorteilen im Vergleich zum klassischen Software-Lizenz-Modell.
Hierzu zählen neben anderen:
- Es müssen keine Software-Lizenzen und keine Hardware gekauft werden, die Nutzung erfolgt in der Regel auf Basis eines zeitlich begrenzten Service-Vertrags. Abgerechnet wird in regelmäßigen Zeitintervallen nach unterschiedlichen Kriterien (z.B. pro User oder transaktionsabhängig). Somit sind keine hohen Startinvestitionen erforderlich und es besteht eine deutlich höhere Flexibilität, die Nutzung an neue Gegebenheiten anzupassen.
- Die Nutzung erfolgt über das Internet, daher sind lediglich ein Web-Browser und eine Internet-Verbindung erforderlich. Dadurch ist kein kompliziertes und aufwändiges IT-Projekt zu durchlaufen. Auch das Release Management, das Testen von Software Updates und den sicheren und hochverfügbaren Betrieb übernimmt der Anbieter.
- Firmen werden von kostenintensiven und teilweise sehr komplexen Tätigkeiten entbunden und können sich deutlich besser auf ihre Kernkompetenzen und wettbewerbsdifferenzierende Prozesse konzentrieren. Oft wird auch noch ein Service-Angebot bereitgestellt, das der Kunde entweder als Bestandteil der Kern-Nutzung oder als Zusatzoptionen in Anspruch nehmen kann.
Dies könnte durchaus auch die Vorteilsliste des immer noch weit verbreiteten Application Service Providing (ASP)-Modells sein. Wo liegen denn nun die Unterschiede und warum ist ein echtes SaaS-Modell werthaltiger, vor allem im Kontext mit Supply Chain Management?
Was ist ASP?
Beim ASP-Modell übernimmt ein externer Anbieter den Betrieb der Software und das Release Management für das nutzende Unternehmen. Wichtig ist hierbei jedoch, dass im ASP-Ansatz jedes nutzende Unternehmen eine eigene, separate Software-Instanz zur Verfügung gestellt bekommt. Für den ASP-Anbieter bedeutet dies einen erhöhten Release-Management-Aufwand, da er für jedes neue Software Release verschiedene Software-Installationen bei verschiedenen Kunden zu testen hat.
Im Umfeld des Supply Chain Managements, wo einkaufende Unternehmen mit zahlreichen Lieferanten zusammenarbeiten und viele Lieferanten dieselben Kunden beliefern, ergeben sich aus diesem Modell weitere signifikante Konsequenzen. Aus der Sicht der Lieferanten sind alle Kundenlösungen separiert und es besteht durch die getrennte Datenhaltung keine direkte Möglichkeit, Daten für die eigene Arbeit in effizienzsteigernder Weise zu aggregieren.
Es kommt hinzu, dass durch die Aufspaltung in separate Software-Instanzen auf Seiten der einkaufenden Unternehmen oft stark individuelle Ausprägungen umgesetzt werden, die bei den Lieferanten zu weiteren Zusatzaufwänden führen. Firmen, die den ASP-Ansatz präferieren, wollen meist ganz bewusst firmenspezifische Besonderheiten umgesetzt haben. Diese gehen von der GUI-Gestaltung in den Firmenfarben und der Verwendung der Firmenlogos bis hin zu firmenspezifischen Prozessausprägungen und Datenformaten.
Eine branchenweite Standardisierung ist auf diese Weise kaum möglich. Für die Lieferanten besteht beim ASP-Modell somit kein Unterschied, ob die Lösungen bei den Kunden intern betrieben werden oder ob der Betrieb von einem spezialisierten Anbieter übernommen wird. Es handelt sich auf jeden Fall um verschiedene, individuelle Kundenlösungen, die zu erlernen, zu bedienen und zu administrieren sind.
Einige Lösungsanbieter verschleiern den ASP-Ansatz, den sie im Grunde anbieten, indem sie ihren Lösungsansatz fälschlicherweise als SaaS deklarieren und lediglich eine ‚Anmelde-Maske‘ für die Lieferanten vorneweg schalten, über die es möglich ist, über einen Login auf die verschiedenen Kunden-Instanzen zuzugreifen. Man spart sich als Lieferant dadurch zwar die Verwaltung einer Vielzahl von Nutzernamen und Passwörtern, ein richtig effizientes Arbeiten erreicht man dadurch jedoch nicht. Für Kunde A findet man weiterhin die Software-Instanz A in der Ausprägung und Konfiguration A und der Datenhaltung A vor, für Kunde B die Software-Instanz B in der Ausprägung und Konfiguration B und der Datenhaltung B vor, etc.
Was ist SaaS und welche Vorteile hat das Modell im Supply Chain Management?
Ein echter SaaS-Ansatz zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass alle Anwender mit der genau gleichen Software-Instanz arbeiten, die über das Internet zugänglich gemacht wird. Für die Kollaboration im Supply Chain Management ergibt sich dadurch eine Reihe von Vorteilen, und zwar sowohl für die einkaufenden Unternehmen, als auch die Lieferanten.
Für alle: Aufbau von echten Branchenstandards und Communities
Das SaaS-Modell ermöglicht es, in einer Branche durchgängige Standards zu etablieren, da jedes Unternehmen mit derselben Software arbeitet. Diese kann zwar in einem gewissen Umfang konfiguriert werden, um unternehmensspezifische Prozessausprägungen umsetzen zu können, die Basis-Software, und damit die Basis-Funktionalität und die Anpassbarkeit, sind jedoch identisch. Damit können industrieweite Standards geschaffen werden, die zum Nutzen aller beteiligten Unternehmen zu nachhaltigen Effizienzsteigerungen führen.
Für Lieferanten: Bündelung diverser Kundenbeziehungen über eine Software-Lösung
Benutzer in der Rolle als Lieferant benötigen nicht nur lediglich einen einzigen Login für viele Kunden, sie können auch in der genau gleichen Software-Instanz mit mehreren Kunden zusammenarbeiten. Da alle Kundendaten gebündelt und einheitlich in der Software vorliegen, können sie mittels Filtern und GUI-Anpassungen ihre Sicht auf Kundendaten effizient auf ihren Arbeits- und Verantwortungsbereich ausrichten und über ein einheitliches Rollenmodell auch mit den Kollegen teilen. Da ein und dieselbe Software für viele Kunden verwendet wird, entsteht kein zusätzlicher Aufwand daraus, sich wiederkehrend mit unterschiedlichen Kundenausprägungen vertraut zu machen. Dies spart den Lieferanten viel Zeit und Aufwand.
Für Kunden: Höhere Akzeptanz bei den Lieferanten führt zu einem besseren Business Case
Einkaufende Unternehmen profitieren davon, dass Lieferanten einen bestimmten Prozess bereits mit anderen Kunden über die Software abwickeln. Das bedeutet, dass das Unternehmen den Lieferanten-Rollout nicht bei Null beginnt, sondern dass ein bestimmter Prozentsatz seiner Lieferanten dieselbe Software bereits kennt und nutzt. Diese Lieferanten können sehr schnell für neue einkaufende Unternehmen aktiviert werden, was sich auf den Onboarding-Zeitraum, die Nutzengenerierung und damit auch auf den Business Case entsprechend positiv auswirkt.
Die Erfahrungswerte von SupplyOn aus zahlreichen globalen Rollout-Projekten gehen dahin, dass Lieferanten eine gemeinsame Lösung für viele Kunden deutlich besser akzeptieren als einen Individualansatz.
Ihre eigenen Anforderungen geben das passende Modell bereits vor
In Summe stellt sich dennoch nicht die Frage, ob das ASP-Modell oder der SaaS-Ansatz im Supply Chain Management besser ist. Denn die Anforderungen und Vorstellungen eines Unternehmens stellen oft bereits die Weichen dafür, welches Modell überhaupt in Frage kommt.
Wenn Sie der Überzeugung sind, dass die Lieferanten unbedingt Ihr Firmenlogo und Ihre Firmenfarben sehen müssen, wenn sie sich einloggen, und wirklich jede firmenspezifische Prozessvariante im Supply Chain Management abgebildet werden soll, ist das SaaS-Modell ungeeignet. Denn in einem echten SaaS-Modell, bei dem viele einkaufende Unternehmen mit vielen Kunden zusammenarbeiten, kann es nur eine einzige Ausprägung geben. Welches Logo sollte denn der Lieferant angezeigt bekommen, der nicht nur mit Ihnen zusammenarbeitet, sondern auch mit einem Ihrer Marktbegleiter?
Derartige Vorgaben sind nur mit einer individuell ausgeprägten Software-Lösung, und damit auf der Basis eines ASP-Ansatzes umsetzbar. Bei Salesforce.com gibt es auch nur einen einzigen Oberflächenstandard. Reports und GUI sind zwar konfigurierbar aber, je nach genutzter Lizenz, für alle Kunden und Nutzer identisch. Es besteht für kein Unternehmen die Möglichkeit, individuelle CIs umzusetzen.
Wenn Ihnen hingegen die Standardisierung wichtiger ist als die Individualisierung, und sich Ihr Unternehmen als Partner in einer Branchen-Community vorgenommen hat, im Lieferanten-Rollout schnell voranzukommen, um den angestrebten Nutzen zügig zu erschließen, landet man eher beim SaaS-Modell.
Wie lassen sich ASP und SaaS in pragmatischer Weise schnell erkennen?
Stellen Sie den Lösungsanbietern die zentrale Frage, ob sein Modell auf einer einzigen Software-Instanz basiert, die sich viele Nutzer teilen (‚single instance, multi-tenant platform‘). Wenn hierauf keine klare Aussage kommt, ist das bereits ein konkreter Hinweis auf ein ASP-Modell.
Fragen Sie den Anbieter, ob alle Daten aggregiert vorliegen und Lieferanten, die mit mehreren Kunden arbeiten, nur eine Anzeige benötigen. Lautet die Antwort ‚Nein‘, können Sie davon ausgehen, dass ein ASP-Modell hinter dem Angebot steckt.