Wegweisende Veränderungen in der Aerospace-Industrie – und der Beitrag des 9. Aviation Forums
Jetzt München. Nach 8 Jahren in Hamburg änderte sich das Standortmuster des Aviation Forum: Ein Jahr in München und im nächsten Jahr wieder in Hamburg. Und auch in diesem Jahr stellte das Aviation Forum einen neuen Rekord auf: 800 Teilnehmer, 145 Aussteller und 55 Referenten hoben die Messlatte noch höher.
Werksbesichtigungen belegen den Wandel der Luftfahrtindustrie
Bereits vor dem offiziellen Start des Aviation Forums fanden alternative Werksbesichtigungen statt. Die Besichtigungsmöglichkeiten waren allesamt hochinteressant: das Airbus Defence & Space Innovation Center in Ottobrunn ebenso wie die Standorte von GKN in München, von GE Aviation in Garching und MTU Aero Engines in Dachau.
Der Autor dieses Artikels besuchte das Airbus Innovation Center und wurde nicht enttäuscht: Zu den Highlights gehörte der Forschungsballon Altair in Form eines nur 30 kg leichten „Zeppelins“, der in Zusammenarbeit mit der Vodafone 5G-Technologie entwickelt wurde. Sehr beeindruckend war auch das Landungssystem „Deckfinder“, mit dem Hubschrauber sicher auf beweglichen Plattformen landen können. Das Forschungszentrum der TUM beeindruckte damit, wie Mikroalgen mittelfristig zur Herstellung von Biokraftstoffen und sogar von Kohlefaser-Verbundswerkstoffen genutzt werden können.
„Wir haben das Ding erfunden“
In seiner Eröffnungsrede dankte Professor Dr. Johannes Walther dem Airbus CPO Dr. Klaus Richter für die gemeinsame Etablierung dieses erfolgreichen Formats und für sein Engagement und die enge Zusammenarbeit in den letzten 10 Jahren. Wie zur Bestätigung unterstrich auch Klaus Richter: „Wir haben das Ding erfunden“.
Als Gastgeber des Aviation Forum betonte er in seiner Eröffnungsrede, dass ein Unternehmen, das sich nicht verändert, letztendlich sterben wird. Er ermutigte die Teilnehmer daher, die digitale Zukunft der Aerospace-Industrie gemeinsam zu gestalten und hob drei Hauptaspekte dieses Wandels hevor: Globalisierung, Digitalisierung und Lieferanteninnovation.
„Wenn du es erträumen kannst, kannst du es bauen“ – Leonardo da Vinci als Visionär der Aerospace-Industrie
In ihrer Keynote betonte Airbus-CTO Grazia Vittadini, dass die Aerospace-Industrie selbst proaktiv handeln muss, bevor sie zum reagieren gezwungen wird. Für sie umfasst dies die Vision von klimaneutralen Flügen ebenso wie das kurzfristigere Ziel eines Hybrid-Regionaljets für etwa 100 Passagiere.
Sie erinnerte daran, dass der große Erfinder Leonardo da Vinci mit einem Hubschrauber-Prototypen und seinem Ansatz „Wenn du es erträumen kannst, kannst du es auch bauen“ bereits vor 500 Jahren zukünftige Generationen inspirierte. Ebenso essenziell: Seine Aussagen, dass „alles mit allem verbunden ist“ und dass „sich Träume nur durch Teamarbeit verwirklichen lassen“. Ein gutes Beispiel hierfür ist das neue elektronische Testhaus für eine neue Generation von Flugzeuggetrieben in Ottobrunn.
Expertenworkshops zur Digitalisierung der Lieferkette
In parallelen Workshops diskutierten Arbeitsgruppen die Vor- und Nachteile von Schwerpunktthemen wie der Digitalisierung der Lieferkette. Experten wie die Airbus-Vertreterin Veronique Canceill, HO of Digital and Business Capabilities – Procurement, und SupplyOn CEO Markus Quicken betonten, dass die digitale Transformation als Enabler für ein sich veränderndes Geschäftsumfeld entscheidend für das Überleben von Unternehmen ist.
Richtungsweisende Transformation in der Aerospace-Industrie
Es war nicht möglich, alle interessanten Vorträge zu besuchen, weshalb ich nur einige meiner persönlichen Highlights nennen kann:
Dr. Thomas Ehm, CEO der PAG, betonte die Bedeutung von Analytik und Künstlicher Intelligenz (KI): „Präzise Prognosen sind die Währung des 21. Jahrhunderts“. Er wies auch darauf hin, dass die Losgrößen nicht mehr entscheidend sein werden.
Jody Franich, Boeing Vice President Category Management & Enterprise Sourcing Office, stellte in seiner beeindruckenden Rede die wichtigsten Aspekte der Digitalisierung heraus: Sie muss vernetzt, vorausschauend und intelligent sein. Auch das Category Management spielt bei dieser neuen Boeing-Strategie hin zu einem ganzheitlicheren Beschaffungsansatz mit nur einer einzigen Enterprise Procurement Organisation eine entscheidende Rolle.
Roland Ley, Executive VP Supply Chain bei Recaro Aircraft Seating, beeindruckte damit, wie sich Recaro von einem mehr oder weniger regionalen Player im Jahr 2006 zu einem echten Global Player mit fünf Produktionsstätten auf vier Kontinenten entwickelt hat. Wesentliche Voraussetzungen dafür waren dieselben Prozesse und IT-Systeme sowie ein personenbezogenes Change Management, das kurze Durchlaufzeiten, globale Präsenz und OEM-Nähe ermöglicht.
AirSupply als integraler Bestandteil der digitalen Lieferkette von Airbus
Zum Abschluss der Konferenz führte Dominique Arnal durch die ‚Digital Supply Chain Journey‘ von Airbus mit einem Schwerpunkt auf SupplyOn AirSupply. Er erläuterte den Anspruch der Lösung „Eine Community, eine Plattform, ein Standard“ sowie die jüngsten Erfolgsprojekte wie Purchase-to-Pay und die gestartete Entwicklung und Implementierung der AirSupply Quality Suite.
Zusammengefasst, nach zwei großartigen Tagen ging ein herausragendes Branchenereignis mit vielen wertvollen Geschäftskontakten zu Ende. Die Community freut sich bereits auf das nächste Aviation Forum im November 2020 – dann wieder in Hamburg!