Die Zukunft der Mobilitätsbranche ist digitalisiert und automatisiert
Digitalisierung und Automatisierung sind, wie sich auf dem 6. Railway Forum eindrücklich gezeigt hat, die alles beherrschenden Themen der Bahnindustrie. Und zwar auf allen Ebenen: Angefangen bei der Infrastrukturtechnik über das Lieferanten-Management bis hin zum Kundenerlebnis soll in Zukunft alles digitalisiert und automatisiert werden. Unter der Schirmherrschaft der Deutschen Bahn haben sich Anfang Oktober rund 1.400 Experten der Railway-Industrie in Berlin getroffen, um über die aktuellen Herausforderungen der Zukunft und deren mögliche Lösungen zu diskutieren.
Die Schiene wird, darüber herrschte Einigkeit, in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen, um dem wachsenden Mobilitätsbedürfnis zu begegnen, und das nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung – Stichwort: Fridays for future. Insbesondere in Ballungsräumen lässt sich das steigende Mobilitätsbedürfnis aufgrund des begrenzten Platzes nur mit dem Ausbau der Schiene in Kombination mit intelligenten Konzepten für die letzte Meile bewältigen. Dieser Ausbau wiederum erfordert einen hohen Professionalisierungs- und Digitalisierungsgrad, um Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des Schienenverkehrs und somit seine Attraktivität für den Endkunden deutlich zu steigern.
Hier die wichtigsten Aussagen und Erkenntnisse des Branchentreffs
Uwe Günther, CPO, Deutsche Bahn AG und Schirmherr des Railway Forums stellt die Ausbaustrategie der Deutschen Bahn vor und unterstreicht dabei die zentrale Rolle der digitalen Steuerung der Supply Chain – und somit der Lieferanten – für deren erfolgreiche Umsetzung. Dies gilt insbesondere für die Versorgungssicherheit bei Ersatzteilen. Ziel ist es, robuster, schlagkräftiger und moderner zu werden. Dafür setzt die Bahn auf einen starken Einkauf und zuverlässige Lieferanten. Unter dem Motto „World Class Procurement“ werden die Prozesse im Einkauf sukzessive digitalisiert und professionalisiert.
Auch Bombardier Transportation setzt auf die digitale Transformation entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Michael Fohrer, Vorsitzender der Geschäftsführung, ruft dazu auf, jetzt die Zukunft gemeinsam zu gestalten und neue Technologien wie zum Beispiel den Batterietriebzug TALENT 3 noch schneller auf die Schiene zu bringen.
Michael Peter, CEO, Siemens Mobility setzt ganz auf die intelligente Kombination von Schiene mit autonomen Mobilitätsangeboten. Mit der klaren Überlegenheit der Schiene im Blick auf CO2-Emissionen, wird die Bahn im Langstreckenbereich in Zukunft unverzichtbar werden. Für die letzte Meile kommen autonome Fahrzeuge – Self Driving Vehicles – zum Einsatz: So lassen sich in Ballungsräumen definierte, frequentierte Strecken relativ einfach mit autonomen Bussen abdecken. Außerdem arbeitet Siemens Mobility an der autonom fahrenden S-Bahn, die ab 2020 den Echtbetrieb aufnehmen soll. Aus dem Rückenwind ist Sturm geworden – damit ruft er die Lieferanten zum Schulterschluss auf.
Für Alexander Doll, Vorstand Finanzen, Güterverkehr und Logistik, DB AG, in dessen Ressort auch der Einkauf fällt, ist eine ökologische, nachhaltige Beschaffung heute nicht mehr wegzudenken. Um dem ungebrochenen Wachstumstrend und der steigenden Nachfrage zu begegnen, braucht es eine robuste Schiene, die sich nur mit Hilfe der fortschreitenden Digitalisierung erzielen lässt. Für ihn das Mittel der Wahl, um in einem begrenzten System die Kapazität zu erhöhen.
Eine Klimawende ohne Verkehrswende ist nicht möglich – so die zentrale Aussage von Berthold Huber, Vorstand Personenverkehr der DB AG, mit der auch er die Bedeutung der Schiene unterstreicht. Die Schiene ist für ihn das umweltfreundlichste Verkehrsmittel mit dem geringsten Flächenverbrauch und ermöglicht die Bündelung und Beschleunigung von Verkehrsströmen. Nur damit lassen sich die Probleme in Ballungsräumen lösen. Und um die Überlegenheit der Schiene zu unterstreichen nennt er noch ein Zahlenbeispiel: Zu Stoßzeiten liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Autos in Berlin bei rund acht Stundenkilometern. Doch nicht nur in, sondern auch zwischen den Ballungsräumen wird die Attraktivität der Bahn in Zukunft durch eine geplante Erhöhung der Frequenz massiv steigen. So wird es zum Beispiel auf ausgewählten Fernverbindungen bald den 30-Minuten-Takt geben. Mit einem prognostizierten Fahrgastanstieg um fünf Millionen pro Jahr blickt er optimistisch in die Zukunft.